HELSINKI DARK ELECTRO FESTIVAL Helsinki On The Rocks 25.-26.10.2019
von Marko Jakob
Schon seit einigen Monaten hatten wir uns darauf gefreut, nach Helsinki zurückzukehren. Die finnische Eventagentur Dark Helsinki feiert in diesem Jahr ihr 5-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass veranstalteten sie in der finnischen Hauptstadt ein Electro Festival der Extraklasse. Hochkarätige Bands aus Finnland, Schweden, Deutschland und Belgien waren am Start, darunter Zuschauermagneten wie In Strict Confidence, Solar Fake und Suicide Commando.
Das Festival fand im wunderschönen Club On The Rocks, ganz in der Nähe vom Bahnhof statt. Im oberen Bereich des Clubs sind schöne Sitzecken und eine große Bar – hier lohnt es sich auch schon ein paar Stunden vor Konzertbeginn den Abend zu starten. Das Konzert fand im Untergeschoss statt. Der Club ist sehr gemütlich eingerichtet und hat eine Empore, von der man einen besonders guten Blick zur Bühne hat. Natürlich gab es unten eine weitere Bar mit einer riesigen Auswahl an Getränken – Wasser gibt es in Finnland sogar gratis.
Am Ersten der beiden Festivaltage standen Vanguard, [:SITD:] und In Strict Confidence auf der Bühne.
Tag 1
Vanguard
Pünktlich 20.10 Uhr standen die Jungs von Vanguard auf der Bühne. Die schwedische Electronic Band wurde 2008 gegründet und veröffentlichte 2012 das erste Album ‚Sanctuary‘. Im März 2019 erschien das vierte Album ‚Manifest‘ – mit diesem sind Jonas und Patrick seit einer Weile live unterwegs. Das Konzert wurde auch gleich mit dem Opener vom neuen Album eröffnet. Der Club war noch nicht ganz gefüllt, aber es kam schon ein bisschen Festivalstimmung auf. Der schöne Electro Pop kam bei den Fans gut an. „Jetzt wird es härter hier“ – sagte Patrick und ‚Hate‘ hatte es wirklich in sich. Das Publikum tanzte inzwischen schon und hatte richtig Spaß. Coole Strahler beleuchteten die ganze Zeit das Geschehen auf der Bühne – dann gab es mal blaues Licht und Nebel. Begleitet von rhythmischen Klatschen folgte ‚A Different Story‘ aus dem Jahr 2017. Die kurzhaarigen Schweden hatten coole Klamotten an und bedankten sich für den Applaus auf finnisch und sagten: „Kiitos“. „Habt ihr eine gute Zeit?“ ergänzte Patrick und die Band spielte mit ‚Save Me‘ einen weiteren Song vom aktuellen Album. „Ihr seid toll. Das ist der letzte Song, ‚Riot‘“ Die Fans gaben bei Tanzen nochmal alles und waren mit dem 35minütigen Auftritt von Vanguard mehr als zufrieden. Das war ein toller Start in das Festivalwochenende.
Setlist Vanguard
01. Higher Grounds
02. Grit
03. I Want To Live
04. Hate
05. A Different Story
06. Save Me
07. Only Lies
08. Riot
[:SITD:]
Als zweite Band war die deutsche Aggrotech Formation [:SITD:] an der Reihe. Die Band aus dem Ruhrgebiet wurde bereits vor über 20 Jahren gegründet und hat schon zahlreiche CD’s veröffentlicht. Das aktuelle Werk ‚Stunde X‘ stammt aus dem Mai dieses Jahres. Nun war es 21.00 Uhr und es ging schon weiter – der Changeover ging sehr zügig. „Wir sind [:SITD:] aus Deutschland“ so begrüßte Sänger Carsten die Fans, die nun zahlreich vor der Bühne standen. Das Publikum stand nicht lange still und machte ordentlich Stimmung. Zwischendurch hat Carsten bei den Ansagen immer mal zwischen deutscher und englischer Sprache geswitcht – er hat bestimmt bei der tollen Stimmung gedacht, er sei in Deutschland. Aber hey auch die Finnen mögen harten Electro und können Party machen – in den ersten Reihen hüpften und sprangen die Leute jetzt sogar richtig. Die Stimmung war jetzt richtig gut und Carsten sagte mehrmals „Danke Helsinki – ihr seid die Größten“ Der Tisch, auf dem das Keyboard aufgebaut war, sah fast aus wie in einem Kinderzimmer – der Laptop war umzingelt von zahlreichen Getränkeflaschen. Dann gab es reichlich Körperkontakt – die Fans in der ersten Reihe wurden fast alle abgeklatscht. Die Band wurde stürmisch gefeiert – „Es ist noch nicht zu Ende“ sagte Carsten nach etwa 50 Minuten – er wünschte aber schon Mal vorab viel Spaß mit In Strict Confidence, die im Anschluss als Headliner des ersten Tages dran waren. Aber vorher ging die Party mit [:SITD:] noch weiter. Bei der Zugabe gab es stampfende Bässe zum Song ‚Snuff Machinery‘. „Zeigt mir eure Hände, Helsinki – Leute, ihr seid verrückt. Danke!“
Das waren 75 Minuten Wahnsinn mit [:SITD:].
Setlist [:SITD:]
01. Intro
02. God’s Blessing
03. Lebensborn
04. Cicatrix
05. Code Red
06. Dunkelziffer
07. Companion
08. Sturmlicht
09. Genesis
10. Olymp
11. Kreuzgang
12. Laughingstock
13. Rot
14. Richtfest
15. Snuff Machinery
In Strict Confidence
Als krönender Abschluss des ersten Tages waren nun In Strict Confidence an der Reihe. Auch In Strict Confidence waren, wie auch die beiden Bands zuvor, als Duo auf der Bühne. Gitarristin Haydee Sparks hat leider die Reise nach Helsinki nicht mit angetreten. Auch die berühmte Mütze von Sänger Dennis war heute nicht mit dabei, aber das lag an den inzwischen hohen Temperaturen im On The Rocks – Publikum und Stimmung hatten den Club im Laufe des Abends ordentlich aufgeheizt.
Aber In Strict Confidence verstanden es auch zu zweit perfekt, die Menge in Bewegung zu bringen. Los ging es wie so oft nach einem Intro mit dem Song ‚My Despair‘. Aber ISC hatten mit ‚Used and abused‘ und ‚Mercy‘ auch Songs vom aktuellen Album ‚Hate2love‘ mit dabei. Nach ‚Set Me Free‘ sagte Dennis: „Danke Helsinki – ist alles ok?“ Oh ja, es war alles ok – und zwar sehr ok. Nicht nur die Musik, auch die Lichtshow war perfekt – wunderschöne Lichtstrahler in weiss oder gelb, bei anderen Songs wiederum in blau und rot. Dann sagte Dennis: „Lasst uns eine kleine Zeitreise machen zurück in das Jahr 1997 – das ist ‚Prediction‘. Nach diesem Song bedankte sich Dennis auf Russisch, da auch einige Fans aus dem finnischen Nachbarland angereist waren. Die Klassiker ‚Engelsstaub‘ und ‚Zauberschloss‘ brachten nochmal richtig Stimmung in den Club. Dann verschwanden die Musiker und es gab ‚Zugabe‘ Rufe auf Deutsch – das hatten die Finnen richtig gut geübt. Dennis entgegnete den Finnen mit den wichtigsten finnische Worten, die man kennen muss: „Hölleken kölleken“ – was umgangssprachlich ‚Prost‘ heisst. Zum Abschluss gab es eine stimmungsvolle Liveversion von ‚Herzattacke‘. Die Russen und Finnen kannten sogar teilweise den deutschen Text und die Stimmung war somit bis zum letzten Ton unbeschreiblich toll – aber die deutschen Fans halfen ebenfalls beim Singen mit. Die Band war von der tollen Stimmung genauso begeistert, wie das Publikum. Das fantastische Konzert endete kurz vor Mitternacht und ließ keine Wünsche offen. Danke, In Strict Confidence.
Setlist In Strict Confidence
01. Intro
02. My Despair
03. Used And Abused
04. Kiss Your Shadow
05. Forbidden Fruit
06. Mercy
07. Seven Lies
08. Set Me Free
09. Morpheus
10. Prediction
11. Engelsstaub
12. Zauberschloss
13. Somebody Else’s Dream
14. Herzattacke
Danach dauerte es keine zwei Minuten und es ging mit Disco Musik weiter. Depeche Mode, And One oder She Past Away sorgten sofort für eine volle Tanzfläche. Man sah überall zufriedene Gesichter – besser hätte das Festival nicht beginnen können.
Tag 2
Ten after Dawn
Der zweite Festivaltag wurde von der einheimischen Band Ten After Dawn eröffnet. Als die Band zu spielen begann, war der Club halbvoll. Bis zum Ende des Auftrittes war es dann richtig gut gefüllt. Ein würdiger Rahmen für die Dark Electro Formation aus Helsinki. Ten After Dawn sorgten für gute Stimmung und begeisterten die Anwesenden mit ihrem tollen, eingängigen Electropop. Neben Sänger Teemu, der zu Beginn mit einer coolen Lederjacke auf der Bühne stand, gehören zu der finnischen Band noch ein Keyboarder und ein Bassist. Die ersten Songs waren gleich relativ flott, als der Sound dann immer flotter wurde, und die Melodien eingängiger, tanzten nun nicht nur die Fans in den ersten Reihen. Teemu zog dann auch bald seine Jacke aus und spielte im schwarzen Hemd weiter – das war besser so, denn es wurde immer wärmer im Club. Ten After Dawn spielten natürlich auch ihre neue Single ‚Club‘, die vor ein paar Wochen erschienen ist. Die Ansagen von Teemu waren gemischt, teils Finnisch, teils Englisch.
„Ein neuer Song, den ich unbedingt spielen muss“ – so sagte Teemu den Song ‚Shimmering Blue‘ an, den er erst vor etwa vier Wochen geschrieben hat. Dieser Song war sehr langsam und wunderschön und der Bassist hatte jetzt Pause. Man nennt so eine Art Song auch Klavierballade. Mit einem Lachen im Gesicht sagte Teemu dann: „Es ist schwer jetzt ‚Let’s Party‘ zu sagen nach diesem Song, wie auf einer Beerdigung“.
Wow und der nächste Song ‚Fears‘ war dann echt ein Party Kracher. Plötzlich tanzte mehr als die Hälfte der Leute im Club. Während dieses Songs stellte Teemu dann seine beiden Bandkollegen vor. Danach sagte er den leider schon letzten Song an. Tolle Lichter gab es dann zum Schluss bei ‚Circles‘ und alle klatschten mit. Super Stimmung bei der einzigen finnischen Band beim zweitägigen Festival in Helsinki. Das war richtig gut – hoffentlich kommen Ten After Dawn mal wieder nach Deutschland.
Setlist Ten After Dawn
01. Visions
02. Melody
03. Club
04. Gone
05. Scarlett
06. Between The Lines
07. Shimmering Blue
08. Fears
09. Circles
Solar Fake
Ein Konzert, ohne mir eine einzige Notiz zu machen, das gibt es ganz selten. Heute war aber einer dieser Tage, an denen ich Lust hatte, die Stimmung komplett aufzusaugen, ohne mich mit anderen Dingen abzulenken – nur Zeit für ein paar Fotos musste natürlich sein. So platzierte ich mich in der zweiten Reihe mitten im Publikum – so viel bin ich glaube noch nie gesprungen, während ich die Kamera dabeihatte.
Solar Fake waren bereits vor fünf Jahren hier in Helsinki mit dabei und auch im Dezember 2018 hatten sie einen unvergesslichen Auftritt im On The Rocks. In diesem Jahr waren sie allerdings zum ersten Mal zu dritt in Helsinki – Drummer Jens hatte die Möglichkeit bekommen, das Schlagzeug von Suicide Commando zu benutzen. Auch Keyboarder Andrè konnte sein Instrument zu Hause lassen – er spielte auf dem Keyboard von Ten After Dawn. Die Stimmung beim Auftritt von Solar Fake war unglaublich – und zwar vom Anfang bis zum Ende. Und das Konzert hatte wieder einige dieser Besonderheiten, die es immer mal wieder gibt, wenn die Berliner auf einer Bühne stehen. Text vergessen, Einsatz am Micro zu spät und dieses Mal musste Sven sogar Schuhe schnüren während des Konzertes.
Andrè ging mit dem Leihkeyboard zwar ziemlich sorgsam um, trotzdem ging es zum Schluss mit ihm zusammen in die Knie und Andrè spielte einfach weiter – das sah ziemlich lustig aus.
Solar Fake spielten viele der Songs, die in letzter Zeit oft zur Setlist gehörten. Natürlich war die Spielzeit bei diesem Festival nicht so lange, wie auf der eigenen Tour, also mussten natürlich auch etwa acht Songs weichen. Trotzdem wählten Solar Fake einen guten Mix aus alten Songs, wie ‚Here I Stand‘ und den Songs vom aktuellen Album ‚You win, who cares?‘ aus.
Die meiste Stimmung war bei ‚Not What I Wanted‘, ‚More Than This‘, ‚Parasites‘ und ‚Observer‘ – das Publikum war bei diesen Songs nicht mehr zu halten. Die Zeit verging aber leider wie im Flug und viele mögen gedacht haben – Nein, bitte noch nicht aufhören. Solar Fake sind eine Band, von der man – vor allem live – nicht genug bekommen kann.
Weihnachten 2019 treten Solar Fake beim Dark Storm Festival in Deutschland auf – ein paar Tage vorher sind sie in der Ukraine zu sehen – die letzten beiden Chancen auf ein Konzert von Solar Fake in diesem Jahr.
Nächstes Jahr geht es dann auf weitere 5 Stationen der ‚You win, who cares?‘ Tour. Außerdem werden einige interessante Festivalauftritte auf dem Programm stehen.
Setlist Solar Fake
01. Sick Of You
02. Under Control
03. Here I Stand
04. Reset To Default
05. All The Things You Say
06. I Don’t Want You In Here
07. A Bullet Left For You
08. The Pain That Kills You Too
09. Invisible
10. Not What I Wanted
11. More Than This
12. Parasites
13. If This Is Hope
14. Papillon
15. Where Are You
16. Observer
Suicide Commando
Über 30 Jahre ist Johan Van Roy mit seiner Band Suicide Commando bereits unterwegs. Suicide Commando zählt über die Jahrzehnte hinweg zu einem der erfolgreichsten und beliebtesten Electro- und Aggrotech Acts überhaupt.
Der Headliner des Festivals hatte das Publikum komplett im Griff, immer wieder war Johan ganz nah bei den Fans, hielt teilweise die Hände der Leute in der ersten Reihe. Das klappte mühelos, da es keine Barriere zwischen Publikum und der kleinen Bühne im On The Rocks gab. Man fühlte sich fast wie in einer Disco, in der alle komplett durchdrehten. Der Sänger mit der roten Krawatte war ständig auf der Bühne unterwegs und das Publikum tanzte ununterbrochen. Die Musik war richtig laut, der Sound top. Bei ‚We Are Transitory‘ dröhnte der Bass bis auf die Empore und die Stimmung war echt am Kochen.
Viele hatten sich zwar Solar Fake als Headliner gewünscht, aber die Stimmung war bei beiden Bands auf einem absolut gleich hohem Level. Als Johan sagte: „das ist das letzte Lied“ erklangen die ersten Töne von ‚Hellraiser‘. Und weiter ging die Party – der ganze Club bebte – Klatschten mischte sich unter die Musik. Kurz vor Mitternacht ging ein toller zweiter Festivaltag zu Ende, das dachten zumindest einige als Johan sich mit den Worten „Danke Helsinki, wir sind Suicide Commando. Danke und gute Nacht“ von den Fans verabschiedete. Doch es sollte noch weiter gehen. Obwohl die ‚Zugabe‘ Rufe richtig laut waren, sagte Johan: „ich kann euch nicht hören! Wollt ihr mehr?“ Und weiter ging die Party mit ‚Evacuate‘ und nun wurde die 00.00 Uhr Marke überschritten. Mit ‚Die Motherfucker, Die‘ folgte nun der tatsächlich letzte Livesong heute Nacht. Band und Fans waren glücklich über ein nahezu ausverkauftes Festival. „Danke Helsinki, wir sehen uns wieder – irgendwann, irgendwo“.
Setlist Suicide Commando
01. The Gates Of Oblivion
02. Too Far Gone
03. Death Lies Waiting
04. God Is In The Rain
05. The Pain That You Like
06. Schizotopia
07. Cause Of Death:Suicide
08. The Devil
09. Unterwelt
10.Raise Your God (Remix)
11. Love Breeds Suicide (Remix)
12. We Are Transitory
13. Hellraiser (Remix)
14. Evacuate
15. Die Motherfucker Die
Wir sehen uns wieder, Helsinki – das sagen auch wir. Danke für ein tolles Festival, tolle Bands, nette Leute, neue Bekanntschaften. Danke Anna Salo und Dark Helsinki für die Einladung, die tolle Organisation und alles Gute für die nächsten 5 Jahre – wir kommen gerne wieder.
KIITOS!!!