Quickie der Woche – Das Kurzinterview mit Peer Lebrecht (Golden Apes)
Von Marko Jakob
Pix666: In 2019 feiern die Golden Apes ihr 20. Bühnen-Jubiläum. Was waren für dich persönlich die Meilensteine und Highlights in der langen Bandgeschichte?
Peer: Oh je, das ist wirklich eine verdammt schwierige Frage…oder besser: eine Frage, die schwer zu beantworten ist! In 20 Jahren sammelt sich natürlich eine Menge zusammen. All die Seiten…lose, gebunden, gefaltet und sorgsam geglättet. Ich hab der Atmosphäre wegen gerade ein paar alte Bilder vor mir liegen…und weil dies hilft…mit den Erinnerungen. So erinnere ich mich erstaunlicherweise noch genau an die Zeit als wir „Stigma 3:am“ aufnahmen…das erste Album…Heimstudio, Wohnzimmer, Hinterhof und so viele Ideen und so viel Euphorie. Und auch vom ersten Konzert ist noch fast jedes Detail vorhanden. 23. April 1999…Junction Bar, Gneisenaustrasse und all die bereuende Nervosität. „Lies In The Language Of The Sleepers…“
Es ist die gutmütige Milde unserer Erinnerung, dass die obere Sedimentschicht meist aus den angenehmen und heilenden Bildern besteht, oder sie sind einfach nur heller und leichter sind als die anderen. Das erste Konzert ausserhalb von Deutschland, in Prag mit Cinema Strange, das erste Wave-Gotik-Treffen auf dieser riesigen Bühne in der Agrarhalle, die erste Russland-Tour. Und immer wieder vergisst man wie gut es tut sich zu erinnern und wie banal die größte Dramatik im Nachhinein scheint. Von Willkür dominierte Passkontrollen in klirrender Kälte an Grenzen im Nichts, Konzerte an Orten überschattet von politischer Diversität, Konzerte beendet von Vertretern toleranzloser Staatsgewalt…und all die Gesichter im Vorbeiziehen, vertraut und vermisst, befremdlich und wohltuend verzerrt…und alles Teil des Weges und nun einzig ein Lächeln noch. Und das erste Dark Spring Festival 2010 im SO36…und das erste Mal dieses betäubende Gefühl, wenn tausende Kilometer weit weg von daheim das Publikum die Texte mitsingen kann…das erste Paket aus einem Presswerk und das erste Mal „The Happy Losers Sweet Delusions“ nach fast 10 Jahren spielen…
Welch beruhigende Erkenntnis, dass Erinnerungen nie aufhören sich zu mehren…
Pix666: Für die Produktion des neuen Albums ‚Kasbek‘ habt ihr die Variante gewählt, die Produktion über Crowdfunding zu finanzieren. Was hat euch zu diesem Schritt bewogen?
Peer: Letztendlich eine Kombination aus Überzeugung und viel Mut. Wir waren uns sicher, dass „KASBEK“, das Album, das im Verlauf des letzten Jahres entstand und somit bewusster als alle anderen Alben eine Definition unserer Musik, eine Standortbestimmung und ein Fazit einer Geschichte wurde, eine ganz besondere Symbolik in sich tragen würde und wir dies auch besonders würdigen wollten. Für uns und für alle jene, die uns in all den Jahren treu zur Seiten gestanden haben. So fiel die Wahl des Studios lang und überlegt aus, ebenso wie die Entscheidung das Album erstmals auch auf Vinyl zu veröffentlichen und auch der visuelle Aspekt, in Form von Videos und Artwork bekam eine noch größere Bedeutung für uns. Alles feste Punkte, die aber natürlich mit einer gewissen finanziellen Bürde verbunden sind, die für eine Band nichtkommerzieller Coloeur nicht gerade einfach ist. Und so entschieden wir uns zu dem Schritt auf die Loyalität und das Vertrauen der Leute zu setzen, die seit 20 Jahren Antrieb und Motivation für uns sind, Rückenwind und Heimathafen…all die Leute, die unsere Musik erreicht und berührt hat, bei denen sie Reaktionen auslöste und einen Abdruck hinterlassen hat, Meer und Wüste gleichermaßen war….
Pix666: Werdet ihr bei den kommenden Konzerten bzw. spätestens beim Dark Spring Festival 2019 schon neue Songs im Liveprogramm haben und was sind eure Ziele für die nächsten zehn Jahre Golden Apes?
Peer: Natürlich haben wir vor bis spätestens zum Festival das Liveprogramm in einen adäquaten Ist-Zustand zu versetzen und einige der neuen Stücke zu präsentieren. Die letzten Monate waren sehr arbeitsintensiv und mitunter von personellen Interferenzen durchsetzt, aber wir sind wieder auf Höhe des Meeresspiegels und bereit für „KASBEK“.
Die Ziele für die nächsten 10 Jahre? Mich über die Kontinuität der Leidenschaft für das Musikmachen zu freuen und 2029 ein Interview über die Erinnerungen der vergangenen 10 Jahre zu geben.
Pix666: Vielen Dank für die ausführlichen Antworten und viel Erfolg bei der Crowdfunding Aktion sowie mit dem neuen Album.