QUICKIE DER WOCHE: Das Kurzinterview mit Oliver Nikolas Schmid (Lacrimas Profundere)

von Marko Jakob


Pix666: Hallo Oli. Zuerst Beginn gleich mal die wichtigste Frage, wie geht es dir, bist du gesund?

Oliver: Ja Hallöchen, ich danke der Nachfrage, ja hier ist alles gut soweit man von „gut“ sprechen kann, bei all dem Chaos, welches gerade wütet, auf das wir aber sicher gleich zu sprechen kommen werden…


Pix666: Aktuell seid ihr ja gerade auf Tour – das war zumindest der Plan bis ‚Corona‘ auch in Deutschland zum großen Thema wurde und das Leben regelrecht stillgelegt hat. Wie schmerzhaft ist das als Musiker und denkst du oft an die ausgefallenen Konzerte?

Oliver: Ganz ehrlich? Ich denke tagtäglich an die Tour und die vielen wundervollen Festivals, welche angestanden hätten und ich habe Tage verbracht bei den Hotlines der Fluggesellschaften anzurufen um die Flüge für unseren Sänger Julian, der bekanntlich in Helsinki lebt, umgebucht zu bekommen. Aber das ist alles nur nervig, wenn ich an die Aufgaben bei dem Pflegepersonal und den Verkäuferinnen, oder auch den Familien, die ihre Kinder beschäftigen sollen, während ihnen die Spielplätze vor der Nase zugesperrt wurden, denke. Es trifft die Konzertveranstalter, die Messebauer und auch unsere Crew und meine Mitmusiker.

Jetzt wird gelockert, Biergärten, Hotels sogar Campingplätze… an jeden wird gedacht und Konzepte erarbeitet, nur irgendwie wir Künstler werden vergessen und bekommen das Verbot von Großveranstaltungen vor die Füße geworfen und nicht einmal eine Erklärung, was denn nun als eine solche gewertet wird oder nicht. Keine Meldung wann und wie es bei den Clubs und Bands denn weitergehen soll. Wie es derzeit aussieht buchen wir unsere Tour wohl erneut um und bleiben diesmal sogar auf den Umbuchungskosten sitzen und ganz ehrlich haben wir langsam alle auch echt besseres zu tun.


Pix666: Ihr habt die Tour nun in den Juli verlegt. Glaubst du mit dem Wissenstand von heute, dass die Konzerte noch weiter nach hinten verschoben werden müssen?

Oliver: Ich habe wie oben erwähnt, im März alle Flüge auf Juli umgebucht und glaubte auch fest daran, aber mittlerweile nicht mehr… Auch wenn sich in diesen Zeiten beinahe täglich etwas ändern kann und wir auch überlegen evtl. auf größere Hallen auszuweichen um dann so die Möglichkeit zu haben, Abstände zu wahren. Aber wie bereits erwähnt, wir tappen im dunklen und können nur arten. Was mich zusätzlich hart trifft Ist, dass wir nach, glaub 10 Jahren, endlich im Juni wieder in unser geliebtes Mexiko geflogen wären und hätten dort 3 Shows zusätzlich je eine in Brasilien, in Columbien, Peru und in Chile gespielt, wo wir auch ständig in Kontakt mit dem Promoter standen und was jetzt wohl ebenfalls gecancelt werden musste. Das Big Gun Festival in Moskau für Juli ist bereits abgesagt, wie auch alle Festivals hier in Deutschland wo wir bestätigt waren. Es bleibt uns also nur auf unsere eigenen Shows zu hoffen, dass es irgendwie, wenn auch nur vereinzelt zu Gigs kommen kann. Wir stehen auf jeden Fall bereit. Die Koffer sind seit 27.03. gepackt. Lacht


Pix666: Wie haltet ihr Kontakt mit eurem Sänger Julian, der ja in Finnland lebt? Arbeitet ihr an neuen Songs, Zeit wäre ja jetzt genug?

Oliver: Mail, Messenger, WhatsApp Gruppe. Das läuft eigentlich ganz gut. Neues Album? Ja, ich arbeite mit Hochdruck an neuen Songs, was sollte ich auch sonst tun, lacht – und ohne Corona wäre ich ehrlicherweise nicht so weit gekommen, brauche ich doch immer sehr viel Zeit und Ruhe, was ich jetzt ja -leider- zu genüge habe. Auch denke ich, würden einige Songs sicherlich anders klingen oder wären gar nicht entstanden, fließt diese belastende Situation doch schon sehr in mein Songwriting mit ein.


Pix666: Ihr habt natürlich nicht die Möglichkeit, wie viele andere Bands, ein Streaming-Konzert zu spielen, da ihr räumlich zu weit voneinander entfernt seid. Habt ihr trotzdem irgendwas geplant, um die Fans in der konzertlosen Zeit etwas zu trösten?

Oliver: Wir überlegen gerade, aber es ist sehr schwierig, weil wie du ansprichst, bekommen wir Julian aktuell nicht eingeflogen. Klar, auch da gäbe es Möglichkeiten, aber ganz ehrlich, entweder richtig oder gar nicht – und richtig ist für mich, wenn wenigstens die Band komplett in einem Raum stünde. Um ehrlich zu sein habe ich mir viele dieser Streaming Gigs angesehen und für mich fühlt sich das, wie sage ich es am besten: „komisch“ an, so ganz ohne Reaktionen. Nach den Songs, sind wir ansonsten doch ohrenbetäubende Jubelstürme gewohnt. Lacht!



Pix666: Wie gehst du generell mit der aktuellen Situation um, wie hat sich dein Leben in den letzten Wochen verändert?

Oliver: Sehr, ich habe ja auch eine Familie mit drei Kindern, wovon zwei noch kleiner sind und denen fällt eben so schön langsam die Decke auf den Kopf. Der „Zuhause“ Unterricht für meine Tochter ist sehr nervenaufreibend. Mein Vater und meine Tante wohnen nebenan, beides Risikogruppen und das normale „miteinander“ ist komplett auf den Kopf gestellt. Hätte mir jemand letztes Jahr auf unserer Tour zusammen mit unseren Freunden: The 69 Eyes ein Szenario wie dieses gemalt, hätte ich es nicht glauben wollen. Tja, da war die Welt noch in Ordnung und wenn man drüber nachdenkt, wissen wir es jetzt so richtig zu schätzen, was wir damals noch hatten. Prost


Pix666: Bist du ein Hamsterkäufer? Oder anders gefragt, was sind die Dinge im Leben, auf die du nur schwer verzichten könntest oder möchtest – von denen am besten immer ein Vorrat da sein sollte?

Oliver: Hamsterkäufer sind Egoisten und zu denen zähle ich mich nicht, also: Nein. Bei uns zu Hause wird nur ein- bis zweimal die Woche eingekauft, dann für Tante und Vater gleich mit und nur das, was man eben für diese Woche benötigt. Allen Hamsterkäufern wünsche ich, dass sie für den Rest ihres Lebens Ravioli, Klopapier und Hefe fressen müssen, während der Rest, die wieder geöffneten Restaurants besucht und dort schlemmen kann. Ich wünschte die Leute halten sich weiterhin an die Abstände und Hygienevorschriften und bleiben vorsichtig, weil auch wenn jetzt gefühlt wieder jeder Laden irgendwie öffnet, gibt es das Virus ja leider noch.. Verzichten kann ich auf alles, OK, Fertigpizza und Kaffee-Pads sind immer gut, aber solange das Internet läuft und freitags pünktlich der „Madalorian“ am Start ist, die aktuelle Staffel „Haus des Geldes“ hab ich leider schon durch, versuche ich optimistisch zu bleiben. Lacht


Pix666: Welchen Auswirkungen und Schäden wird diese Krise im Endeffekt auf das Musikbusiness haben? Du bist seit über 25 Jahren im Geschäft und kannst die derzeitige Situation bestimmt einigermaßen gut einordnen.

Oliver: Puh, also ich bin ja jetzt kein Musikmanager, oder Plattenboss, aber aktuell eine Platte zu releasen ist schon krass, sind doch keine Läden offen wo du die Dinger auch kaufen kannst. Klar online geht immer, aber jetzt wo viele mit sehr viel weniger Geld in der Tasche auskommen müssen, ist es schon bitter. Eine Band kann ja schon lange aus Plattenverkäufen alleine nicht mehr überleben, sondern nur durch die darauffolgenden Tourneen, die ja komplett wegbrechen. Dann befürchte ich, dass viele Clubs schließen müssen und ich hoffe die Politik hilft auch denen mal und nicht wieder nur den Großkonzernen, weil ein Politiker mit „Metal Kultur“ nix am Hut hat. Am Ende entscheidet denke ich die Zeit: wann gibt es einen Impfstoff, wann kann das gewohnte Leben wieder Einzug halten und wie viele sind nach der Krise Arbeitslos.

Meine Hoffnung ist, dass es die Leute nach dem Stillstand mehr denn je nach dem Live Erlebnis dürstet und den Clubs dann nicht nur freitags und samstags, sondern von Montag bis Sonntag die Bude eingerannt wird und diese, so ein klein wenig „verlorenes“ zurückgewonnen können. Wenn jedoch das alles bis in 2021 hinein dauert, ist es sicher für viele zu spät. Wer allerdings seine Lieblingsband in dieser schweren Zeit unterstützen kann und möchte, der kauft bitte ganz Old School CD´s oder Vinyls, oder guggt mal in deren Merchstores vorbei. Streamen ist ne schöne Sache, aber davon wird leider kein einziger Mukker satt. Holt euch einen Plattenspieler und die Schallplatten und nehmt es als eine Erinnerung an diese, für uns alle, schwierige Zeit. Das Beste, ihr tut gleichzeitig etwas Gutes in dem ihr „Eurer“ Band ermöglicht durchzuhalten. Ganz uneigennützig findet ihr unseren Online Store gleich unten verlinkt.


Pix666: Vielen Dank für das nette Interview – auch, wenn ich eigentlich viel lieber mit dir auf Tour geplaudert hätte – Bleib gesund und bis bald!

Oliver: Dito, ich danke dir für deine Fragen und freue mich dir und Euch allen da draußen hoffentlich im Juli wieder „Face to Face“ begegnen zu können. Bis dahin, bleibt alle gesund und munter. Wir sehen uns, „irgendwie, irgendwo, irgendwann.“ Nena/Oliver Nikolas Schmid, LACRIMAS PROFUNDERE


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Fotos @ Lacrimas Profundere & PIX 666