QUICKIE DER WOCHE: Das Kurzinterview mit Lars Dotzauer (Décembre Noir)

von Marko Jakob


Pix666: Hallo Lars. Danke für deine Zeit. Geht es dir gut und bist du gesund? Wie geht es den anderen Jungs von Décembre Noir?

Lars: Hallo zusammen. Den anderen der Band und mir geht es gut, danke der Nachfrage. Nach der letzten November Mini-Tour mit Heaven Shall Burn, ging es für uns alle gleich wieder in die Arbeit, aber so ist das halt. Man wird eben jeden Tag geerdet, gut so. Wir sind sehr froh, dass wir diese Shows noch spielen konnten. Werden wohl mal wieder die letzten Konzerte fürs erste gewesen sein…leider!


Pix666: Bitte stell deine Band mal kurz vor, woher seid ihr und welche Art von Musik macht ihr?

Lars: Wir wohnen alle im Umkreis von Erfurt. Unser Drummer Fab braucht allerdings ein wenig länger zu uns in den Proberaum, da er in Reken wohnt. Das liegt zwischen Essen und Münster. Aber so war das schon immer bei uns. Unser alter Drummer Kevin hat mal für einige Jahre in Belgien gewohnt, davor war ich zwei Jahre in der Schweiz. Niemand hat gesagt es würde einfach werden, haha! Ich würde unseren Musikstil als modernen Death/Doom Metal bezeichnen.

Diverse Vergleiche zu den Peaceville Doom-Urvätern kann man natürlich nicht leugnen, da gerade Bands wie Katatonia oder My Dying Bride uns in unserer Jugend sehr geprägt haben. In der Presse wird unser Sound im meisten Fall immer mit Paradise Lost verglichen. Das freut den einen in der Band mehr, den anderen weniger! 😉


Pix666: Ihr seid ja nun schon über 10 Jahre zusammen unterwegs. Was waren denn für dich persönlich die bisher schönsten Erlebnisse mit der Band? Gab es vielleicht auch total lustige, oder fast peinliche Momente, die man nicht wieder vergisst?

Lars: Wo fange ich da an? Es immer ein total schöner Moment, wenn man die Arbeiten zu einem kommenden Album abgeschlossen hat und alle happy mit dem Endergebnis sind. Natürlich gab es einige Festivals wie das Party San, WGT oder Summer Breeze welche man einfach nicht vergisst, oder eben unsere Baltikum-Trips, das touren an sich, wie kürzlich mit unseren Freunden von HSB. Zu lachen gibt es da immer viel. So richtig peinliche Dinge gab es bis jetzt eigentlich nicht und ich hoffe, dass das auch so bleibt!


Pix666: Ihr habt gerade euer 2016er Album ‚Forsaken Earth‘ als Vinyl Version veröffentlicht. Neben klassischem schwarz, gibt es das gute Stück auch transparent, sowie in gelb und grün. Gibt es einen bestimmten Grund oder Anlass für die Veröffentlichung und haben die Fans noch die Chance, eines der seltenen Stücke zu bekommen, oder ist die streng limitierte Scheibe schon ausverkauft?

Lars: Es gibt noch ein paar Restexemplare, in den von dir aufgezählten Farben in unserem Shop. Als die Platte 2016 das Licht der Welt erblickte, kam das gute Stück leider nur auf CD heraus. Warum kann ich dir gar nicht so genau sagen. Fakt ist, es war an der Zeit “Forsaken Earth” endlich auch auf Vinyl zu bringen, mit einem extra fetten Vinylmaster von unserem Freund und Produzenten Alexander Dietz (Heaven Shall Burn).

Vinyl ist in diesen Tagen Gold wert und lange wollte ich mich davor verschließen, meine liebe Frau aber, schenkte uns Weihnachten 2019 einen Plattenspieler und seitdem bin ich süchtig Musik auf Vinyl zu kaufen, selbst wenn man manchmal gar nicht immer die Zeit hat alles aufzulegen was man in so kurzer Zeit kauft. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Rico von F.D.A. Records, für die lang ersehnte Veröffentlichung seitens unserer Fans und uns!



Pix666: Im November 2020 ist euer neuestes Album ‚The Renaissance Of Hope‘ erschienen. Von welchen Themen handeln die Songs und wie waren die Reaktionen der Fans auf das neue Werk?

Lars: Bevor die Fans oder Leute überhaupt einen Song gehört haben, ist vielen erstmal der Atem beim Anblick des Covers stehengeblieben. Dieses Bild muss man halt auch erst einmal fassen, da es sehr lebendig und gewaltig auf einen zukommt. Viele haben gesagt, dass das gar nicht geht, aber die meisten fanden es grandios. Als natürlich die erste Single “Ritual and Failure” veröffentlicht wurde, ging es mit positivem Feedback Schlag auf Schlag.

Das Hauptthema des Albums beschäftigt sich natürlich mit dem Begriff “Hoffnung”. Wobei sich das beim Schreiben der Lyrics manchmal in eine ganz andere Richtung entwickelt hat. Was für den einen etwas Gutes bedeutet, kann für den anderen der Abgrund sein. Hoffnung kann man in vielerlei Hinsicht drehen und wenden. Es war auch das erste Mal, dass ich nicht im Alleingang für die Lyrics verantwortlich war, bzw., habe ich mir Hilfe bei unserem Gitarristen Martin geholt.

Es gibt zwei Songs auf der Scheibe, bei denen ich absolut keinen Bezug aufbauen konnte. “Wings of Eshaton” und “Hope/Renaissance”. Das sind wohl die härtesten Songs des Albums, vielleicht liegt es daran, haha. Jedenfalls hat Martin den beiden Songs Seele und ein Gesicht geschenkt. Er hat zu mehr als 100% bewiesen, dass er ausgezeichnete Endzeit-Texte schreiben kann. Gerade “Hope/Renaissance” ist wohl textlich sowohl als auch musikalisch das Aushängeschild der Platte und ist aus dem momentanen Liveset nicht mehr wegzudenken.

In “A Swan Lake full of Tears” geht es um eine gealterte Ballerina, welche sich schmerzlichst herbei ersehnt, wieder in die Rolle des weißen Schwans aus dem Stück “Schwanensee” zu tauchen. Die Idee entstand aus einem Traum von mir heraus. Ich war schon ein wenig verzweifelt, weil wir nur noch eine Woche hatten um unsere Vorproduktion bei unserem Produzenten Ali abzuliefern und ich für diesen Song noch nichts Brauchbares vorzuweisen hatte, rein gar nichts, was dem Anspruch von Décembre Noir in irgendeiner Form gerecht werden würde. Dann hatte ich diesen Traum. Ich erwachte, nahm sofort den Stift in die Hand, schaute nebenbei verschiedenste “Schwanensee-Aufführungen” bei YouTube. Ich war gefesselt von dieser Songidee und wusste sofort, dass es jetzt in richtige Richtung geht. “Swan Lake…”…ist für mich ein sehr ausdrucksstarker und zugleich tief trauriges Stück Musik, weil ich mich in diese Rolle gut hineinversetzen kann. Wie schlimm mag es wohl sein, wenn man seiner größten Passion nicht mehr nachgehen kann?

“Ritual and Failure” thematisiert die fehlende Wertschätzung zu einer Person, welche einem sehr nahesteht. Im Text liest es sich so, als würde Gott seinen Sohn keine Beachtung schenken, auch wenn dieser alles dafür tun würde, um seinen Heiligen Vater gerecht zu werden, selbst über den Tod hinaus.

In “Streets of Transience” geht es um die Vergänglichkeit im Alltag und wie sehr man bemüht ist, seinen Stress mit Selbstzerstörung, sei es Party machen, mit Alkohol und Drogen, die Realität von sich zu schieben, zu kompensieren. Wir alle wissen wie es sich anfühlt, täglich gegen diese Mauern unserer kleinen “Alltagswelt” zu rennen. Am besten 3-4 Jobs abarbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, dann noch Zeit für seine Familie und Freunde zu finden. Man selbst bleibt dabei so oft auf der Strecke. Man vergisst sich allzu oft selbst, weil man für alle da sein will und manchmal auch nicht anders kann.

“Behind the Scenes” ist für mich das eigentliche Highlight der Scheibe. Textlich beschreibt es mich ziemlich gut, oder ich glaube vielmehr, dass es vielen Künstlern aus Herz und Seele spricht. Wie ernüchternd es doch ist, nach einer unglaublichen Show oder einer Tour, wieder in sein bürgerliches Leben zurückgeworfen zu werden und man sich wieder seinen alltäglichen Problemen stellen muss. Ich denke, dass da viele Leute nicht so richtig drauf klarkommen. Dieser Textausschnitt sagt eigentlich alles…”Kiss the boundless void, touch the tongue of mourning, I fall down to the ground without a sound, sometimes I try to enjoy the silence, but the silence speaks too loud”…



Pix666: Konntet ihr eigentlich zum Albumrelease ein Konzert spielen, oder musste das – wie bei so vielen Bands – ausfallen?

Lars: Unsere “eigentlichen” Releaseshows von November 2020, hatten wir im Juli dieses Sommers nachgeholt. In einer für uns, sehr passenden Location in Erfurt. Das alte Schauspielhaus bot uns das absolut richtige Ambiente. Stellt euch ein altes Theater, irgendwo zwischen total Hipster und völlig Lost Place vor. Wir mussten dieses “eine” Release-Konzert, Corona verschuldet, auf zwei Tage splitten. Hatten an beiden Tagen unterschiedliche Supportbands, einmal die “All-Star Band” Sacrifice, in welcher auch unser jetziger Drummer Fab mit am Start ist und auf dem darauffolgenden Tag, die Death/Dommer von Ad Cinerem. In der Zeit wo live gar nichts ging, hatten wir die Möglichkeit, in besagter Lokalität das Musikvideo zu “A Swan Lake full of Tears” zu drehen. Den “Kurzfilm” haben wir dann zu unseren beiden Releaseshows als Opener auf Leinwand präsentiert. Hat sich ja schließlich angeboten den Kreis zu schließen.


Pix666: Seit Sommer 2021 seid ihr endlich zurück auf der Bühne. Kannst du das Gefühl beschreiben, wenn man nach so vielen Monaten Abstinenz endlich wieder live vor Fans spielen kann?

Lars: Es hat sich großartig angefühlt und es ist genau das passiert was jeder gehofft hat. Man konnte, egal an welcher Steckdose wir gespielt haben, egal welche Band vor oder nach uns auf der Bühne stand, spüren, dass alles miteinander eins war, also die Leute vor und auf der Stage. Für mich persönlich war es ein tolles Konzertjahr, auch wenn vorher viel chaotisch gelaufen ist, oder man jetzt auch wieder die Gewissheit hat, dass alles wieder von vorne losgeht. Ich bin unglaublich dankbar, dass wir uns wieder live präsentieren konnten. Bitte ganz schnell wieder mehr davon!!! 🙂


Pix666: Gibt es bei Décembre Noir eigentlich einen fixen Plan, wie die Songs entstehen und wer wofür verantwortlich ist?

Lars: Haupttenor ist definitiv unser Bandgründer und Gitarrist Sebastian. Von ihm kommen dann gleich komplett fertige Songs mit Rhythmus- und Leadgitarren. Manchmal hat auch Martin eine zündende Idee, wie zum Beispiel bei “Behind the Scenes”, da stammt die Grundidee ganz allein aus seiner Feder. Ich versuche dann dem Song das passende Gesicht in Textform zu verleihen. Für mich ist es wichtig, dass ich den Song fühlen kann.

Ich brauche immer eine Art Metapher, welche ich beim ersten Hören schon vor mir sehen muss. Wenn das steht, ist das schonmal eine gute Arbeitsgrundlage. Manchmal fällt es mir unglaublich leicht drauf los zu schreiben, da kommt die richtige Formulierung schon von ganz alleine. Manchmal dauert es ewig und ich beiße mir die Zähne an der Tastatur oder Kugelschreiber aus. Man kann leider nichts erzwingen. Dieser Tage hatte ich ein interessantes Interview von Heinz Rudolf Kunze gelesen, dem es ähnlich geht beim Songwriting. Zum Glück bin ich da nicht allein und es beruhigt etwas, wenn es den großen Schreibern auch so ergeht wie mir ab und an.


Pix666: Habt ihr vielleicht durch die ‚Corona-Pause‘ früher als geplant schon an neuen Songs gearbeitet?

Lars: Tatsächlich ja! Wenn ich richtig liege, existieren schon 5 Songs. Zu zwei Stücken habe ich auch schon Texte fertig und meine Gesangsverteilung fürs Studio steht auch schon, aber erstmal sehen was der Rest der Band dazu sagt. 😉 Einen für mich ganz besonderen Text, hatte ich für das kommende Album schon zu Beginn des 2. Lockdowns geschrieben. Für mich persönlich, einer meiner besten Texte bis jetzt und ausnahmsweise mal ziemlich kurz für meine Verhältnisse. Ich glaube, dass ich mir im Laufe der letzten Jahre eine eigene Handschrift angeeignet habe, ob das nun das Schreiben von englischen sowie deutschen Songtexten betrifft, oder dem schreiben deutscher Gedichte.

Ich kann auf jeden Fall soviel sagen, dass es im kommenden Jahr eine große Überraschung in Form einer Veröffentlichung geben wird, welche aber nichts mit dem nächsten DN Album zu tun hat. Man darf also gespannt sein!



Pix666: Habt ihr – außer der gerade veröffentlichten Vinyl – noch andere coole Dinge in eurem Shop, vielleicht irgendwas Schönes zum Anziehen für den Herbst und Winter?

Lars: Wir haben einige Longsleeves und Kapuzenzipper auf Lager. Da heißt es schnell sein, denn auf der letzten Tour ist viel weggegangen!


Pix666: Das Internet ist heutzutage so gut wie unverzichtbar – auch für Bands und Musiker. …aber gerade die Sozialen Medien und auch das Musikstreaming sind sowohl ein Segen als auch Fluch für Bands. Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile dieser Entwicklung für Décembre Noir. Wie sehr nutzt ihr die sozialen Medien und wo seid ihr überall vertreten?

Lars: Natürlich sind auch für uns die Sozialen Medien mittlerweile unverzichtbar, genauso setzen wir auf Spotify. Ich möchte es ja als Privatperson auch nicht missen wollen. Es ist großartig, dass man heutzutage über Facebook und Konsorten, ganz einfach an Leute herantreten kann, ohne vorher die Vorwahl derer Managements zu wählen, gerade wenn man eine eventuelle Zusammenarbeit mit anderen Künstlern in Erwägung ziehen möchte, sind diese Möglichkeiten doch echt geil!

Wir nutzen Facebook und Insta und letzteres finde ich eine ganze Ecke cooler. Wir sind da irgendwie mehr bei den Leuten und die Leute mehr bei uns. Und mit den negativen Punkten zum Thema Social Network möchte ich jetzt gar nicht erst anfangen, denn gerade im Bezug zu Facebook, würde mir jetzt so einiges einfallen was gar nicht geht. Aber bleiben wir bei den positiven Aspekten, denn was das mit dem Streaming betrifft, gehe ich jetzt auch einfach mal von mir aus. Ich finde es super, dass ich heutzutage die Möglichkeit habe, mir ein Album gleich am Erscheinungstag anhören zu dürfen, um dann zu entscheiden, ist das Schrott, oder knallt es mich so weg, dass ich es gleich online bestellen muss, oder geh halt in den Plattenladen meines Vertrauens um es mir zu kaufen.

Am Ende ist es in der heutigen Zeit doch eine super Werbung um seine Band zu präsentieren, auch wenn da viele andere Meinung sind. Die richtigen Musikfreaks stehen auf was Physisches und kaufen sich eh, auch wenn sie Musik über Spotify oder andere Streaming-Plattformen konsumieren, die Platten so oder so. Es ist toll ein Stück Musik in den Händen zu halten, die Texte mitzulesen, ein schönes Cover zu bewundern. Man setzt sich ganz anders mit dem Schaffen des Künstlers auseinander. Gerade mit dem Medium Vinyl macht das am meisten Spaß.


Pix666: Gibt es noch was, was du den Fans mit auf den Weg geben möchtest, vielleicht ein paar zusätzliche, neue Infos über Décembre Noir?

Lars: Wie schon gesagt, da wird nächstes Jahr was Interessantes passieren, mehr kann und darf ich aber noch nicht verraten. Ansonsten bedanke ich mich, auch im Namen meiner Bandkollegen bei allen Fans, Freunden, Bekannten und unseren Familien für einen unglaublichen Support. Bleibt alle schön Gesund und passt auf euch auf. Wir sehen uns nächstes Jahr wieder und da wird es laut!!!

Danke, dass ich euch Rede und Antwort stehen durfte, bleibt auch ihr schön gesund und passt auf euch auf, bis bald mal!

P.s.: Ich grüße die Members meiner anderen Bands von Dicentress und Hellfeier!


Pix666: Vielen Dank für die interessanten Antworten und viel Erfolg weiterhin – Bleib gesund!


https://www.facebook.com/DecembreNoir
https://decembre-noir.de/
https://dnshop.brand-royal.de/52e3e-shop

Fotos © Alexander Dietz