QUICKIE DER WOCHE: Das Kurzinterview mit dBoy (JE T’AIME)

von Marko Jakob | 07.04.2025 | link -> english version


Pix666: Hallo und danke, dass du dir mitten im Tourstress die Zeit für ein kleines Interview genommen hast. Ich hoffe es geht dir gut und die Tour läuft großartig?

dBoy: Diese Tour läuft wirklich gut. Sie hat allerdings sehr schlecht begonnen – in Marseille hat mich ein Uber angefahren, und in Orléans hatte ich eine Lebensmittelvergiftung. Aber am Ende, selbst nach 40 Konzerten in ganz Europa, leben wir noch!


Pix666: Ihr spielt mit eurer Band Je T’aime eine unfassbar lange Tour und seid von Januar bis April unterwegs. Was vermisst du am Meisten, wenn du auf Tour bist und was sind für dich die Vorzüge, wenn man sich so lange in anderen Ländern und Städten aufhält?

dBoy: Was wir auf Tour am meisten vermissen, ist eine Waschmaschine! Wenn ich könnte, wäre ich am liebsten von Januar bis Dezember auf Tour. Ich habe Glück, denn im Mai mache ich eine zweite Europa-Tour mit IAMX. Und zu deiner Frage nach den Vorteilen, so viele Städte zu besuchen: Ich würde sagen, es hilft uns herauszufinden, wo wir im Urlaub unbedingt wieder hinwollen!


Pix666: Mit auf Tour habt ihr natürlich euer neues Album ‚Useless Boy‘, dessen Veröffentlichung ihr am 24.01. mit einer Show in Paris gefeiert habt. Gibt es bei diesem Album wesentliche Unterschiede zu euren vorherigen Veröffentlichungen und warum sollten die Fans, die euer Album noch nicht besitzen, ‚Useless Boy‘ unbedingt kaufen? https://jetaime-music.bandcamp.com/album/useless-boy

dBoy: Während die vorherigen Alben (‚JE T’AIME‘ von 2019 und ‚Passive/Aggressive‘ von 2022) noch zwischen Post-Punk-Energie, Coldwave-Hedonismus und romantischer Provokation schwankten, stellt ‚Useless Boy‘ einen Rückzug nach innen dar – fast schon existenziell. Die Texte sind verletzlicher, weniger kryptisch, oft erzählerisch – wie Tagebuchfragmente. ‚Useless Boy‘ ist intimer, melancholischer, durchdachter und vermutlich das berührendste und gelungenste Werk unserer Diskografie bis heute.


Pix666: Wie entstehen eigentlich Je T’aime Songs? Gibt es da bei euch eine bestimmte Herangehensweise oder sogar eine Arbeitsteilung und gibt es bestimmte Themen, die ihr bei euren Songtexten bevorzugt?

dBoy: Es gibt keinen wirklichen Masterplan. Manchmal komponieren wir gemeinsam, manchmal arbeitet jeder für sich. Was aber sicher ist: Wir möchten unsere Alben immer gemeinsam fertigstellen. Bei ‚Useless Boy‘ war uns wichtig, uns von unseren vorherigen Alben zu lösen – einfach weil wir Monotonie nicht ausstehen können. Als ich begann, die ersten Texte zu schreiben (‚Dead Leaves‘, ‚Silent Monsters‘ und ‚Letter From Hell‘), war ich in einem sehr dunklen Geisteszustand, und nach und nach entstand eine bestimmte Atmosphäre. Am Ende war es der Song ‚Useless Boy‘, der wirklich die Richtung für das Album vorgegeben hat. Von da an haben wir den Rest des Albums so geformt, dass er auf diesen ersten Grundlagen aufbaut. Die Idee war ganz klar, eine düstere Platte über dieses verlorene und nutzlose Kind zu schreiben.



Pix666: Wenn ich richtig liege, spielt ihre eure Tour nicht mit einem fixen Toursupport. Spielt ihr da auch in einigen Städten ganz alleine oder habt ihr überall einen lokalen Support, und nach welchen Kriterien wählt ihr diesen aus?

dBoy: Wir haben die französische Band Denuit zu den Tourstationen in Frankreich eingeladen und es sehr genossen, einen Teil des Abenteuers mit ihnen zu teilen. Was den Rest betrifft, liegt die Entscheidung über die Auswahl einer Vorband oft beim Veranstalter oder Produzenten des Events – ob ein Support-Act dabei ist und welcher, wird meist von ihnen bestimmt.


Pix666: Habt ihr irgendwelche Rituale, bevor ihr auf die Bühne geht?

dBoy: Nein, wir haben absolut keine Rituale – abgesehen davon, dass wir immer darauf achten, dass genug Nebel auf der Bühne ist.


Pix666: Eure energiegeladenen Post Punk Shows sind sicherlich körperlich ziemlich anstrengend. Bereitet ihr euch da speziell darauf vor, um für die Auftritte besonders fit zu sein?

dBoy: Ich laufe viel – oder besser gesagt, ich bin viel gelaufen, etwa 100 km im Monat, um meine Ausdauer zu stärken. Leider ist das während der Tour oft sehr schwierig. Wir kommen spätabends im Hotel an und fahren früh morgens schon wieder mit dem Van weiter. Aber ja, diese Band verlangt auf der Bühne definitiv eine Menge Energie.


Pix666: Ihr habt Je T’aime 2018 gegründet. Was waren bisher die schönsten Erlebnisse mit der Band?

dBoy: Es gibt so viele Erinnerungen. Die letzte, die mich wirklich berührt hat, war vor ein paar Tagen in Turin. Ein Fan ist extra aus New York angereist, um uns live zu sehen.


Pix666:  Wer oder was hat dich eigentlich dazu inspiriert, Musiker zu werden?

dBoy: Guns N’ Roses – ich hatte die VHS ‚Live in Tokyo (1992)‘. Als Teenager haben sich meine Freunde und ich jedes Wochenende getroffen, um das Tape immer und immer wieder zu schauen, dabei richtig schlechtes Bier zu trinken und von Mädchen und Ruhm zu träumen.


Pix666:  Eure Musik hat schon einen gewissen Bezug zu der Musik aus den 80er Jahren. Sag mal dBoy, wärst du lieber Musiker in den 80ern gewesen oder ist es im hier und jetzt für dich besser?

dBoy: Damals hat es ein Vermögen gekostet, ein Album aufzunehmen – etwa 1.000 € pro Studiotag. Heute kann man das alles zu Hause machen. Klar, wir verkaufen heutzutage viel weniger Platten und werden keine Millionäre in Los Angeles, aber dafür ist alles deutlich einfacher geworden. Aber was wirklich nervt, ist, dass sich junge Leute immer weniger für Konzerte interessieren. Das ist wirklich traurig.



Pix666: Gibt es bei dir auch Zeit für andere Dinge, außer Musik. Hast du vielleicht ein paar interessante Hobbies oder weitere Talente?

dBoy: Die gleichen Dinge, die sich wahrscheinlich viele Leute vorstellen – wie ins Kino gehen, ein schönes Restaurant besuchen oder ein gutes Buch lesen. Aber die Wahrheit ist, wenn die Musik erstmal weg ist, langweile ich mich ziemlich schnell.


Pix666: Eine letzte Frage noch. Ihr habt ja in den sieben Jahren des Bestehens der Band inzwischen schon richtig viele Shows gespielt. Welches sind deine Lieblingslocations und deine Lieblingsfestivals und wo würdest du unbedingt gern in Zukunft noch auftreten?

dBoy: Es gibt so viele großartige Orte, an denen wir gespielt haben. Es wäre schwierig und unfair, nur einen zu nennen. Das beste Konzert wird immer das nächste sein. Mein Traum ist immer noch der gleiche: in den USA zu spielen, besonders in Atlanta, wo ich als Kind gelebt habe.


Pix666: Hast du sonst noch was auf dem Herzen – vielleicht eine Botschaft an die Fans?

dBoy: Ich möchte allen Menschen danken, die uns auf dieser Tour besucht haben. Ohne euch wäre das alles nicht möglich gewesen.


Pix666: Ich danke dir für das Interview und wünsche dir und deinen Bandkollegen noch viel Spaß auf dem Rest der Tour und natürlich auch bei den Shows zusammen mit IAMX.

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Fotos © Quentin Caffier & Je T‘aime